Das Fremde in uns selbst

Veröffentlicht: Neuigkeiten Ort: Frankfurt

ffm. Unter einer Glaskuppel auf einer Baumscheibe befindet sich eine Art Bühne. Zu sehen ist eine Gruppe von Akteurinnen und Akteuren, bestehend aus

ffm. Unter einer Glaskuppel auf einer Baumscheibe befindet sich eine Art Bühne. Zu sehen ist eine Gruppe von Akteurinnen und Akteuren, bestehend aus 77 Miniaturfiguren: eine versammelte Menschenmenge, die elfenhaften, flügelschlagenden Wesen begegnet. Diese Szene ist in dem Kunstwerk „Fremde sind wir uns selbst“ enthalten, das nun vor dem Büro von Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg im Römer ausgestellt ist.

Die Künstlerin Kerstin Krone Bayer aus Frankfurt hat das Werk als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Entstanden ist es 2014/15 im Rahmen eines Projekts namens „Holz Weg“ in Dreieich. Als dort eine Platane gefällt wurde, ließ Krone Bayer unter anderem im oberen Teil des Stammes eine Baumscheibe abtrennen. Darauf installierte sie die Miniaturwelt.

Bürgermeisterin und Diversitätsdezernentin Eskandari-Grünberg ist sehr angetan von dem Kunstwerk: „Es thematisiert den Umgang der Menschen mit dem oder den vermeintlich Fremden. Damit passt es perfekt zu den Themen meines Dezernats. Ich bin Kerstin Krone Bayer sehr dankbar für die Leihgabe, das ist eine großzügige Geste.“

Das Kunstwerk steht vor dem Eingang zum Büro der Bürgermeisterin auf einem Sockel. Erst auf den zweiten Blick gelingt es, im Gewusel der Menge einzelne Szenen herauszulösen und individuelle Begegnungen unter den Figuren wahrzunehmen. Es sind Begegnungen der Annäherung, aber auch der Distanzierung. Die Fremden werden einerseits neugierig erwartet oder freundlich begrüßt, andererseits behandelt wie exotische Objekte: voyeuristisch begafft, fotografiert, berührt oder skeptisch begutachtet. Auch die ankommenden Wesen treten den Wartenden in unterschiedlichen Haltungen entgegen: zaghaft, vorsichtig, schamhaft, schüchtern einerseits, selbstbewusst, mutig, vertrauensvoll, gelassen, offen andererseits.

„Den Titel der Arbeit habe ich einem Buchtitel der Psychoanalytikerin und Philosophin Julia Kristeva entliehen“, sagt Künstlerin Krone Bayer. Die bulgarisch-französische Psychoanalytikerin und Philosophin habe sich die Frage gestellt, ob es eine aufgeklärte kosmopolitische Gesellschaft ohne Fremde geben könnte. „Eine mögliche Annäherung an diese Frage findet Kristeva in der Erkenntnis, dass das Fremde auf unheimliche Weise immer auch in uns selbst ist. Wenn wir annehmen und akzeptieren könnten, dass in jedem von uns unwiderruflich Anteile von Fremdheit existieren, wäre das eine Möglichkeit, dem Fremden nicht länger mit Furcht, Angst, Abgrenzung begegnen zu müssen.“

Alle Besucherinnen und Besucher im Römer sind eingeladen, das Kunstwerk „Fremde sind wir uns selbst“ zu betrachten. Es wird jedoch darum gebeten, dieses nicht zu berühren.

Fotos Kerstin Krone Bayer und Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg präsentieren das Kunstwerk „Fremde sind wir uns selbst“, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel 

Kerstin Krone Bayer und Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg betrachten das Kunstwerk „Fremde sind wir uns selbst“, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel