Ein urbanes Hundeleben
Streunen auf vier Pfoten durch Frankfurts Vielfalt
ffm. Frankfurt auf vier Pfoten: Wer mit Hunden in der Stadt unterwegs ist, erfährt den urbanen Raum aus ganz anderen Blickwinkeln, sammelt neue Eindrücke und Erkenntnisse. Ein Gassigang durch die Stadt zeigt, was Vierbeiner, ihre Gefährtinnen und Gefährten erleben können und welche hündischen Geschichten die Stadt in sich birgt.
Frankfurter Vierbeiner sind sich einig: „Ginge es nach uns, gäbe es freie Frankfurter Würstchen für alle!“
Nicht nur Frankfurts bekanntester Dichter Johann Wolfgang von Goethe war bereits von Jugend an ein großer Freund von Frankfurter Würsten und Schwartemagen, wie einigen Briefen an seine Freundin Charlotte von Stein zu entnehmen ist. Denn auch unter Frankfurter Hunden scheint unbestritten, dass die ursprungsgeschützten lokalen Würstchen die Lebensqualität der Stadt am Main ungemein steigern. Aber Vierbeiner wissen auch: Frankfurt besticht besonders durch seine Vielfalt.
So offenbart sich selbst der innerstädtische Wurstkosmos um einiges diverser, als lediglich auf die traditionelle Brühwurst aus Schweinefleisch beschränkt zu sein. Es lässt sich beispielsweise anhand einer geschichtsträchtigen Rindswurst, der „Gref Völsing“, die seit 1894 in Frankfurt produziert und mittlerweile in die ganze Welt exportiert wird, von der jüdischen Prägung der Stadt erzählen: Der Metzgerbetrieb füllte seit Beginn des 19. Jahrhunderts mit seiner hundertprozentig aus Rindfleisch bestehenden Wurst eine Marktlücke für die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt. Auch so manche halal Wurstvarianten bietet die Stadt, beispielsweise in Frankfurts multikulturellem Schmelztiegel Bahnhofsviertel.
Mopsdame Grete, Frankfurter Mädsche, Weltbürgerin und Wurstfetischistin, unterstreicht: „Frankfurter Würstchen sind ein unanfechtbares Argument für diese Stadt und üben weit über die Grenzen der Mainmetropole hinaus große Anziehungskraft auf fellige Foodies aus. Aber auf gleiche Weise, wie ich mich als bekennende Lokalpatriotin verstehe, bin ich auch durch und durch Kosmopolitin. Und meine Stadt, mein Revier, hat weitaus mehr zu bieten, als lediglich eine Form der Wurst.“ Vom Apfelwein lasse Grete allerdings freiwillig die Pfoten – zu bitter und zu fruchthaltig.
Eine Stadt der Vielfalt, nicht nur für Zweibeiner
Auch auf den Hundewiesen spiegelt sich wider: Frankfurt strotzt vor Lebendigkeit. Denn in einer Stadt, in der 178 der 197 Nationen der Welt und etwa 22.000 gemeldete Hunde mit rund 470 vertretenen Hunderassen zuhause sind, herrscht selten Eintönigkeit. Vielleicht teilt man nicht immer eine Sprache – aber unabhängig der Spezies, der Herkunft oder des Geschlechts – Frankfurterinnen und Frankfurter wissen, dass Verständigung und ein friedliches Miteinander auf dem Respekt füreinander und gegenseitiger Rücksichtnahme beruhen. Trotz aller vermeintlichen Unterschiede teilt man einen gemeinsamen Alltag und hört einander zu. Nicht zuletzt gilt Frankfurt als Wiege der deutschen Demokratie – auch wenn in der Paulskirche, in der 1848 die erste frei gewählte Nationalversammlung tagte, Fellnasen der Zutritt verwehrt bleibt und sich nur ihre Fassade aus Rotsandstein beschnüffeln lässt.
Des Pudels Kern: Gassi auf Goethes Spuren
Sightseeing für kulturbegeisterte Städterinnen und Städter, ob auf Füßen oder Pfoten: Die Paulskirche ist gleichzeitig auch eine Station des elf Kilometer langen Goethe-Wanderwegs. Die Route orientiert sich an den zahlreichen historischen Spuren, die der deutsche Dichterfürst in Frankfurt hinterließ und verbindet Goethes Geburtshaus, die Gerbermühle, die Goetheruh, den Goetheturm und das Willemer-Häuschen miteinander. Auch wenn Goethe nicht unbedingt als Hundefreund galt, eignet sich dieser Wanderweg auf Goethes Spuren bestens für einen Tagesausflug, der sowohl Tier als auch Mensch Spaß bereitet: Er schlängelt sich durch die Innenstadt, den Stadtwald und an Grüne-Soße-Kräuterfeldern entlang und lädt zum Streunen und Stromern durch Asphaltdschungel und grüne Zufluchtsorte ein.
Unweit der Gerbermühle, wo Goethe am 28. August 1815 seinen 66. Geburtstag feierte und das Gedicht Gingko Biloba sowie Teile des West-östlichen Divans entstanden sein sollen, stößt man unter alten Bäumen am Mainufer auf das sogenannte Ich-Denkmal. Dort lässt sich dank des Künstlers Hans Traxler auch dem eigenen Hund ein Denkmal setzen – sofern dieser fotoaffin ist und sich auf einen steinernen Sockel setzen lässt. Auf der Schautafel des Ich-Denkmals steht: „Jeder Mensch ist einzigartig. Das gilt natürlich auch für alle Tiere. Halten Sie es fest für immer. Hier.“
Am Ufer des Jacobi-Weihers an der Oberschweinstiege im Frankfurter Stadtwald findet sich ein weiteres Kunstwerk, das für Mensch und Tier gleichermaßen erfahrbar ist. Denn dort pinkelt ein Baum im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Rachedurstig und schadenfroh zielt der Pinkelbaum des Karikaturisten F.K. Wächter mit einem Wasserstrahl auf alles, was ihm zu nahe an die Rinde rückt. Er lässt verkünden: „300 Jahre hat man mich angepinkelt – jetzt pinkle ich zurück“. So bekommen selbst botanische Zeitgenossen in Frankfurt eine Stimme.
Bekannt wie ein bunter Hund: Schopenhauers Pudel Butz
Historisch betrachtet sind wohl die Pudel des Philosophen Arthur Schopenhauers die Frankfurter Hundestars. Verstarb einer seiner Pudel, legte sich Schopenhauer einfach einen neuen, ähnlich aussehenden Pudel zu. Sie hießen allesamt Butz, aber Schopenhauer rief sie als begeisterter Leser indischer Philosophie „Atman“, Sanskrit für „Lebenshauch“, in der Auffassung, jede Pudelseele sei gleichzeitig Teil des „Brahman“, der „Weltseele“. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass der misanthropische Philosoph sein Tier mit Vorliebe „Mensch“ schimpfte, wenn er sich über seinen Pudel ärgerte.
Es heißt, Schopenhauer zog sogar einmal als Folge eines Streits mit seinem Hauswirt wegen eines Pudels um, wenn auch nur in das Nachbarhaus in der Schönen Aussicht 16. Der Pudel begleitete den berühmten Denker – oder Schopenhauer begleitete ihn – auf seinen Spaziergängen entlang des Mainufers, durch die heutige Altstadt und sogar mit in sein Lieblingsrestaurant, den Englischen Hof am Rossmarkt.
Viele Schopenhauerfans legten sich zu jener Zeit aus Verehrung für den Philosophen auch einen Pudel zu. Schopenhauer schien demnach einen regelrechten Pudeltrend auszulösen, vielleicht vergleichbar mit der gegenwärtigen Begeisterungswelle für den Dackel, nur ohne Philosoph.
Schopenhauer war seinerzeit mitunter Begründer des ersten Frankfurter Tierschutzvereins und setzte sich auch über diesen hinaus für die Rechte von Tieren ein. Er gilt als einer der ersten Denker, der Tierleiden in seinem Werk thematisierte und damit als ein wahrer Vorreiter, da Tierschutz damals noch alles andere als gängig war und nicht ansatzweise den Stellenwert einnahm, der ihm heute zugesprochen wird.
Über den bei seinen Spaziergängen wild vor sich her philosophierenden und mit seinem Hund redenden Schopenhauer machte sich der Frankfurter Dichter, Schriftsteller und Verleger Friedrich Stoltze lustig, der mit seiner 1860 gegründeten politisch-satirischen Wochenschrift „Frankfurter Latern“ große Auflagen erreichte und mit Goethe zu den berühmtesten Frankfurter Literaten zählt. Ein weiterer bekannter Frankfurter, der politische Schriftsteller und Kritiker Ludwig Börne, der im jüdischen Ghetto von Frankfurt in der Judengasse 118, der heutigen Börnestraße, unter dem Namen Juda Löb Baruch geboren wurde, schrieb: „Der Hund heult, wenn er geschlagen wird, und der Mensch soll es nicht dürfen? Aber es gibt Menschen, die hündischer sind als Hunde und nicht heulen, wenn sie geschlagen werden.“
Mehr zu Dichtern, Denkern und Pudeln in Frankfurt kann man während einer literarischen Stadtführung des Stadtrats Mikael Horstmann erfahren, die man unter stadtfuehrerei.de
buchen kann.
Möchte man seinen Vierbeiner lieber mit anderen Hundegenossen wetzen lassen, bieten sich Frankfurts 25 Hundeauslaufflächen an. Zumeist lernen sich hier nicht nur Hunde untereinander kennen, sondern auch die Menschen bleiben auf den Parkbänken selten allein. Eine solche Hundeauslauffläche befindet sich inmitten des Grüneburgparks. Treffpunkt Hundeauslauffläche: Hunde, die bellen, beißen nicht
Etwas versteckt neben dem Koreanischen Garten befindet sich ein Törchen, durch das sich eine ganz eigene Welt im Grüneburgpark betreten lässt: die der Hunde und Hundevernarrten. Ein Ort, an dem sich die verschiedensten Wesen und Filterblasen vermengen und die Menschen stets ein gemeinsames Thema verbindet: Hundetalk at it´s finest.
Hunde prägten also nicht nur damals das Leben und die Sprache berühmter Dichter, sondern auch die der Frankfurterinnen und Frankfurter heute. Leben und Sprache von Hundehaltenden sind eben einfach anders. „Hallo du Maus, was hast du denn da für einen Garten im Fell?“, fragt Christina einen anscharwenzelnden afghanischen Windhund mit einer halben Hecke im Fell. Neben ihr steht Anahita, Besitzerin des Bodengo-Wildhund-Mischlings Momo. Anahita erzählt: „Manchmal gewöhnen sich die Hunde hier auch schlechte Angewohnheiten von anderen Hunden an, das kann ein Nachteil sein, wenn man hier regelmäßig Zeit verbringt. Auf der anderen Seite lernen die Hunde hier auch Toleranz gegenüber anderen.“ So tun es auch Frankfurter Hunde ihren Zweibeinern in Sachen Toleranz und Vielfalt gleich.
Was Anahita und Christina als erfahrene Gassigängerinnen wissen und auch für Toleranz und gutes Miteinander wichtig ist: Die Hinterlassenschaften des eigenen Lieblings im Stadtgebiet sollte man aufheben. Denn Hundehaltende müssen tief in die Tasche greifen, wenn Würstchen liegenbleiben. Die bis zu 180 Euro Bußgeld für nicht entfernte Haufen sollten dann vielleicht doch lieber in einen Vorrat an Hundekotbeuteln und Leckerlis investiert werden, als sie dem Ordnungsamt zu vermachen. Weitere Informationen finden sich auf dem Flyer „Gassi gehen, aber richtig!“.
Auch ein Hund muss mal auf's Amt
In Frankfurt sind gleich mehrere Ämter für Hunde zuständig: Das Ordnungsamt, das Kassen- und Steueramt sowie das Grünflächenamt. Alle Hunde müssen innerhalb der ersten zwei Wochen nach Aufnahme des Tieres beim Kassen- und Steueramt gemeldet werden. Welpen werden angemeldet, sobald sie ein Alter von drei Monaten erreicht haben. Jeder in Frankfurt gemeldete Hund bekommt eine Hundesteuermarke vom Kassen- und Steueramt. Sollte die Marke mal verloren gehen, kann gegen eine kleine Gebühr Ersatz beantragt werden. Zusätzlich zu dieser Marke sollten unbedingt auch Name, Anschrift und Telefonnummer der Haltenden am Halsband oder Geschirr des Hundes angebracht werden. Seit Juli 2024 ist die Hundeanmeldung und -abmeldung nun auch digital möglich. Weitere Informationen hierzu finden sich unter frankfurt.de/Hundeanmeldung
und
frankfurt.de/Hundeabmeldung .
102 Euro zahlt man für einen Hund jährlich an Steuer – jedoch erhöht sich dieser Betrag bei den sogenannten Listenhunden, für die eine Haltungserlaubnis verpflichtend ist. Zuständig ist hier das Ordnungsamt: Für Listenhunde, die keine bestandene Begleitprüfung oder eine ähnliche Ausbildung wie beispielsweise eine Rettungshundeprüfung vorweisen können, sind sogar 900 Euro fällig – mit vorweislicher Prüfung reduziert sich dieser Steuersatz jedoch auf 225 Euro. Von der Hundesteuer befreit sind dahingegen Hunde, die dem Schutz blinder, gehörloser oder hilfsbedürftiger Personen mit einem Schwerbehindertenausweis dienen und über eine entsprechende Ausbildung verfügen. Weitere Informationen zu Begleithundeprüfungen sind unter Verband für das Deutsche Hundewesen
zu finden.
Regeln müssen sein
Bei Versammlungen und an bestimmten Orten im Frankfurter Stadtgebiet ist Leinenpflicht geboten: in Gaststätten, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Grünanlagen, in Fußgängerzonen, in Naturschutzgebieten, auf Brücken und an Haltestellen. Dabei gilt zu beachten, dass die Hundeleine nicht länger als zwei Meter sein darf.
Im Grüngürtel und im Stadtwald besteht in weiten Teilen keine Leinenpflicht, sofern der Hund nicht unbeaufsichtigt und in Sichtweite beziehungsweise Rufnähe ist – und nur gesetzt den Fall, dass das Tier reagiert, wenn es von seiner Halterin oder seinem Halter zurückgepfiffen wird, was nicht immer selbstverständlich ist. Besonders eigensinnige oder sture Kläffer sowie diejenigen mit einem ausgeprägten Jagdtrieb sollten also besser an der Leine bleiben, auch aus Rücksicht auf Kleinkinder, Mitmenschen und Wildtiere.
Auf Spielplätzen, Festplätzen, Liegewiesen, im Holzhausen- und im Günthersburgpark sowie auf Friedhöfen sind Hunde verboten, mit Ausnahme von Assistenzhunden. Bei Verstößen gegen diese Regelungen ist mit Bußgeldern bis zu 5000 Euro zu rechnen! Ausführlichere Informationen hierzu lassen sich in der Broschüre „Hundehaltung in Frankfurt“
nachlesen. Auch im Römer und städtischen Dienstgebäuden haben Hunde
grundsätzlich keinen Zugang. Assistenzhunde sind freilich auch hier
willkommen, denn Frankfurt ist eine assistenzhundefreundliche
Kommune. Mehr Informationen dazu finden sich unter
stadt-frankfurt-im-blick.de/frankfurt-ist-assistenzhundfreundliche-kommune .
Auch auf andere Tiere sollte auf Streifzügen mit Hunden Rücksicht genommen werden, beispielsweise in Naturschutzgebieten. Die genauen Regeln stehen auf den jeweiligen Hinweistafeln vor Ort. Allgemein gilt jedoch besondere Rücksichtnahme in den Brut- und Setzzeiten vom 15. März bis zum 15. Juli. Mehr zu diesem Thema findet sich in der Grünanlagensatzung.
Wenn Verbot auch mal aufgehoben wird: Die Hundebadetage
In Freibädern sind Hunde ebenfalls nicht gestattet – bis auf einen Termin im Herbst. Denn im Silo-Bad ist einmal jährlich Hundeschwimmen angesagt. Zum Ende der Freibadsaison wird das Becken mit chlorfreiem Wasser aufgefüllt und alle Hunde sind zum Plantschen eingeladen – dieses Jahr vom 3. bis 6. Oktober. Ob Leberwursteis schlecken am Beckenrand oder kontemplativem Schwelgen in Geruchsschwaden nassen Fells – Frankfurts Hundebadetage sind für Hunde ein ganz besonderes Ereignis, vielleicht wie der jährliche Weihnachtsmarkt für Zweibeiner.
Und auch im Frankfurter Winter müssen Vierbeiner nicht zu Stubenhockern werden, wie auch Mopsdame Grete weiß: „Ob auf dem Weihnachtsmarkt mit großen Augen auf ein Stück Wurst wartend oder in winterlicher Atmosphäre den Goethe-Wanderweg entlanglaufend, Frankfurt ist schon längst das ganze Jahr auf den Hund gekommen. Nur eines findet man hier selten: Langeweile!“
Text: Lily Gaines
Fotos Frankfurter Hunde vor dem Stoltze-Brunnen (v.l.): Loki, Lina, Lulu und Moro, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Grete auf dem Römerberg, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Frankfurter Hunde am Mainufer vor der Skyline (v.l.): Loki, Moro, Lulu und Lina, Copyright Stadt Frankfurt am Main, Foto Jan Hassenpflug
Karikatur von Schopenhauer in Frack und mit Schnupftabakfläschchen an der Weste, links neben ihm sein Pudel Butz, circa 1865, ISG FFM Bestand S13Nr.28, Copyright: Institut für Stadtgeschichte
Wildes Wetzen auf der Hundewiese im Grüneburgpark, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines
Christina und Anahita (v.l.) genießen gemeinsam mit den Hunden die Zeit auf der Hundeauslauffläche im Grüneburgpark, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines
Christina mit Timmi und anderen Eichhörnchen-Nachahmern, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines
ffm. Frankfurt auf vier Pfoten: Wer mit Hunden in der Stadt unterwegs ist, erfährt den urbanen Raum aus ganz anderen Blickwinkeln, sammelt neue Eindrücke und Erkenntnisse. Ein Gassigang durch die Stadt zeigt, was Vierbeiner, ihre Gefährtinnen und Gefährten erleben können und welche hündischen Geschichten die Stadt in sich birgt.
Frankfurter Vierbeiner sind sich einig: „Ginge es nach uns, gäbe es freie Frankfurter Würstchen für alle!“
Nicht nur Frankfurts bekanntester Dichter Johann Wolfgang von Goethe war bereits von Jugend an ein großer Freund von Frankfurter Würsten und Schwartemagen, wie einigen Briefen an seine Freundin Charlotte von Stein zu entnehmen ist. Denn auch unter Frankfurter Hunden scheint unbestritten, dass die ursprungsgeschützten lokalen Würstchen die Lebensqualität der Stadt am Main ungemein steigern. Aber Vierbeiner wissen auch: Frankfurt besticht besonders durch seine Vielfalt.
So offenbart sich selbst der innerstädtische Wurstkosmos um einiges diverser, als lediglich auf die traditionelle Brühwurst aus Schweinefleisch beschränkt zu sein. Es lässt sich beispielsweise anhand einer geschichtsträchtigen Rindswurst, der „Gref Völsing“, die seit 1894 in Frankfurt produziert und mittlerweile in die ganze Welt exportiert wird, von der jüdischen Prägung der Stadt erzählen: Der Metzgerbetrieb füllte seit Beginn des 19. Jahrhunderts mit seiner hundertprozentig aus Rindfleisch bestehenden Wurst eine Marktlücke für die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt. Auch so manche halal Wurstvarianten bietet die Stadt, beispielsweise in Frankfurts multikulturellem Schmelztiegel Bahnhofsviertel.
Mopsdame Grete, Frankfurter Mädsche, Weltbürgerin und Wurstfetischistin, unterstreicht: „Frankfurter Würstchen sind ein unanfechtbares Argument für diese Stadt und üben weit über die Grenzen der Mainmetropole hinaus große Anziehungskraft auf fellige Foodies aus. Aber auf gleiche Weise, wie ich mich als bekennende Lokalpatriotin verstehe, bin ich auch durch und durch Kosmopolitin. Und meine Stadt, mein Revier, hat weitaus mehr zu bieten, als lediglich eine Form der Wurst.“ Vom Apfelwein lasse Grete allerdings freiwillig die Pfoten – zu bitter und zu fruchthaltig.
Eine Stadt der Vielfalt, nicht nur für Zweibeiner
Auch auf den Hundewiesen spiegelt sich wider: Frankfurt strotzt vor Lebendigkeit. Denn in einer Stadt, in der 178 der 197 Nationen der Welt und etwa 22.000 gemeldete Hunde mit rund 470 vertretenen Hunderassen zuhause sind, herrscht selten Eintönigkeit. Vielleicht teilt man nicht immer eine Sprache – aber unabhängig der Spezies, der Herkunft oder des Geschlechts – Frankfurterinnen und Frankfurter wissen, dass Verständigung und ein friedliches Miteinander auf dem Respekt füreinander und gegenseitiger Rücksichtnahme beruhen. Trotz aller vermeintlichen Unterschiede teilt man einen gemeinsamen Alltag und hört einander zu. Nicht zuletzt gilt Frankfurt als Wiege der deutschen Demokratie – auch wenn in der Paulskirche, in der 1848 die erste frei gewählte Nationalversammlung tagte, Fellnasen der Zutritt verwehrt bleibt und sich nur ihre Fassade aus Rotsandstein beschnüffeln lässt.
Des Pudels Kern: Gassi auf Goethes Spuren
Sightseeing für kulturbegeisterte Städterinnen und Städter, ob auf Füßen oder Pfoten: Die Paulskirche ist gleichzeitig auch eine Station des elf Kilometer langen Goethe-Wanderwegs. Die Route orientiert sich an den zahlreichen historischen Spuren, die der deutsche Dichterfürst in Frankfurt hinterließ und verbindet Goethes Geburtshaus, die Gerbermühle, die Goetheruh, den Goetheturm und das Willemer-Häuschen miteinander. Auch wenn Goethe nicht unbedingt als Hundefreund galt, eignet sich dieser Wanderweg auf Goethes Spuren bestens für einen Tagesausflug, der sowohl Tier als auch Mensch Spaß bereitet: Er schlängelt sich durch die Innenstadt, den Stadtwald und an Grüne-Soße-Kräuterfeldern entlang und lädt zum Streunen und Stromern durch Asphaltdschungel und grüne Zufluchtsorte ein.
Unweit der Gerbermühle, wo Goethe am 28. August 1815 seinen 66. Geburtstag feierte und das Gedicht Gingko Biloba sowie Teile des West-östlichen Divans entstanden sein sollen, stößt man unter alten Bäumen am Mainufer auf das sogenannte Ich-Denkmal. Dort lässt sich dank des Künstlers Hans Traxler auch dem eigenen Hund ein Denkmal setzen – sofern dieser fotoaffin ist und sich auf einen steinernen Sockel setzen lässt. Auf der Schautafel des Ich-Denkmals steht: „Jeder Mensch ist einzigartig. Das gilt natürlich auch für alle Tiere. Halten Sie es fest für immer. Hier.“
Am Ufer des Jacobi-Weihers an der Oberschweinstiege im Frankfurter Stadtwald findet sich ein weiteres Kunstwerk, das für Mensch und Tier gleichermaßen erfahrbar ist. Denn dort pinkelt ein Baum im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Rachedurstig und schadenfroh zielt der Pinkelbaum des Karikaturisten F.K. Wächter mit einem Wasserstrahl auf alles, was ihm zu nahe an die Rinde rückt. Er lässt verkünden: „300 Jahre hat man mich angepinkelt – jetzt pinkle ich zurück“. So bekommen selbst botanische Zeitgenossen in Frankfurt eine Stimme.
Bekannt wie ein bunter Hund: Schopenhauers Pudel Butz
Historisch betrachtet sind wohl die Pudel des Philosophen Arthur Schopenhauers die Frankfurter Hundestars. Verstarb einer seiner Pudel, legte sich Schopenhauer einfach einen neuen, ähnlich aussehenden Pudel zu. Sie hießen allesamt Butz, aber Schopenhauer rief sie als begeisterter Leser indischer Philosophie „Atman“, Sanskrit für „Lebenshauch“, in der Auffassung, jede Pudelseele sei gleichzeitig Teil des „Brahman“, der „Weltseele“. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass der misanthropische Philosoph sein Tier mit Vorliebe „Mensch“ schimpfte, wenn er sich über seinen Pudel ärgerte.
Es heißt, Schopenhauer zog sogar einmal als Folge eines Streits mit seinem Hauswirt wegen eines Pudels um, wenn auch nur in das Nachbarhaus in der Schönen Aussicht 16. Der Pudel begleitete den berühmten Denker – oder Schopenhauer begleitete ihn – auf seinen Spaziergängen entlang des Mainufers, durch die heutige Altstadt und sogar mit in sein Lieblingsrestaurant, den Englischen Hof am Rossmarkt.
Viele Schopenhauerfans legten sich zu jener Zeit aus Verehrung für den Philosophen auch einen Pudel zu. Schopenhauer schien demnach einen regelrechten Pudeltrend auszulösen, vielleicht vergleichbar mit der gegenwärtigen Begeisterungswelle für den Dackel, nur ohne Philosoph.
Schopenhauer war seinerzeit mitunter Begründer des ersten Frankfurter Tierschutzvereins und setzte sich auch über diesen hinaus für die Rechte von Tieren ein. Er gilt als einer der ersten Denker, der Tierleiden in seinem Werk thematisierte und damit als ein wahrer Vorreiter, da Tierschutz damals noch alles andere als gängig war und nicht ansatzweise den Stellenwert einnahm, der ihm heute zugesprochen wird.
Über den bei seinen Spaziergängen wild vor sich her philosophierenden und mit seinem Hund redenden Schopenhauer machte sich der Frankfurter Dichter, Schriftsteller und Verleger Friedrich Stoltze lustig, der mit seiner 1860 gegründeten politisch-satirischen Wochenschrift „Frankfurter Latern“ große Auflagen erreichte und mit Goethe zu den berühmtesten Frankfurter Literaten zählt. Ein weiterer bekannter Frankfurter, der politische Schriftsteller und Kritiker Ludwig Börne, der im jüdischen Ghetto von Frankfurt in der Judengasse 118, der heutigen Börnestraße, unter dem Namen Juda Löb Baruch geboren wurde, schrieb: „Der Hund heult, wenn er geschlagen wird, und der Mensch soll es nicht dürfen? Aber es gibt Menschen, die hündischer sind als Hunde und nicht heulen, wenn sie geschlagen werden.“
Mehr zu Dichtern, Denkern und Pudeln in Frankfurt kann man während einer literarischen Stadtführung des Stadtrats Mikael Horstmann erfahren, die man unter stadtfuehrerei.de
Möchte man seinen Vierbeiner lieber mit anderen Hundegenossen wetzen lassen, bieten sich Frankfurts 25 Hundeauslaufflächen an. Zumeist lernen sich hier nicht nur Hunde untereinander kennen, sondern auch die Menschen bleiben auf den Parkbänken selten allein. Eine solche Hundeauslauffläche befindet sich inmitten des Grüneburgparks. Treffpunkt Hundeauslauffläche: Hunde, die bellen, beißen nicht
Etwas versteckt neben dem Koreanischen Garten befindet sich ein Törchen, durch das sich eine ganz eigene Welt im Grüneburgpark betreten lässt: die der Hunde und Hundevernarrten. Ein Ort, an dem sich die verschiedensten Wesen und Filterblasen vermengen und die Menschen stets ein gemeinsames Thema verbindet: Hundetalk at it´s finest.
Hunde prägten also nicht nur damals das Leben und die Sprache berühmter Dichter, sondern auch die der Frankfurterinnen und Frankfurter heute. Leben und Sprache von Hundehaltenden sind eben einfach anders. „Hallo du Maus, was hast du denn da für einen Garten im Fell?“, fragt Christina einen anscharwenzelnden afghanischen Windhund mit einer halben Hecke im Fell. Neben ihr steht Anahita, Besitzerin des Bodengo-Wildhund-Mischlings Momo. Anahita erzählt: „Manchmal gewöhnen sich die Hunde hier auch schlechte Angewohnheiten von anderen Hunden an, das kann ein Nachteil sein, wenn man hier regelmäßig Zeit verbringt. Auf der anderen Seite lernen die Hunde hier auch Toleranz gegenüber anderen.“ So tun es auch Frankfurter Hunde ihren Zweibeinern in Sachen Toleranz und Vielfalt gleich.
Was Anahita und Christina als erfahrene Gassigängerinnen wissen und auch für Toleranz und gutes Miteinander wichtig ist: Die Hinterlassenschaften des eigenen Lieblings im Stadtgebiet sollte man aufheben. Denn Hundehaltende müssen tief in die Tasche greifen, wenn Würstchen liegenbleiben. Die bis zu 180 Euro Bußgeld für nicht entfernte Haufen sollten dann vielleicht doch lieber in einen Vorrat an Hundekotbeuteln und Leckerlis investiert werden, als sie dem Ordnungsamt zu vermachen. Weitere Informationen finden sich auf dem Flyer „Gassi gehen, aber richtig!“
Auch ein Hund muss mal auf's Amt
In Frankfurt sind gleich mehrere Ämter für Hunde zuständig: Das Ordnungsamt, das Kassen- und Steueramt sowie das Grünflächenamt. Alle Hunde müssen innerhalb der ersten zwei Wochen nach Aufnahme des Tieres beim Kassen- und Steueramt gemeldet werden. Welpen werden angemeldet, sobald sie ein Alter von drei Monaten erreicht haben. Jeder in Frankfurt gemeldete Hund bekommt eine Hundesteuermarke vom Kassen- und Steueramt. Sollte die Marke mal verloren gehen, kann gegen eine kleine Gebühr Ersatz beantragt werden. Zusätzlich zu dieser Marke sollten unbedingt auch Name, Anschrift und Telefonnummer der Haltenden am Halsband oder Geschirr des Hundes angebracht werden. Seit Juli 2024 ist die Hundeanmeldung und -abmeldung nun auch digital möglich. Weitere Informationen hierzu finden sich unter frankfurt.de/Hundeanmeldung
102 Euro zahlt man für einen Hund jährlich an Steuer – jedoch erhöht sich dieser Betrag bei den sogenannten Listenhunden, für die eine Haltungserlaubnis verpflichtend ist. Zuständig ist hier das Ordnungsamt: Für Listenhunde, die keine bestandene Begleitprüfung oder eine ähnliche Ausbildung wie beispielsweise eine Rettungshundeprüfung vorweisen können, sind sogar 900 Euro fällig – mit vorweislicher Prüfung reduziert sich dieser Steuersatz jedoch auf 225 Euro. Von der Hundesteuer befreit sind dahingegen Hunde, die dem Schutz blinder, gehörloser oder hilfsbedürftiger Personen mit einem Schwerbehindertenausweis dienen und über eine entsprechende Ausbildung verfügen. Weitere Informationen zu Begleithundeprüfungen sind unter Verband für das Deutsche Hundewesen
Regeln müssen sein
Bei Versammlungen und an bestimmten Orten im Frankfurter Stadtgebiet ist Leinenpflicht geboten: in Gaststätten, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Grünanlagen, in Fußgängerzonen, in Naturschutzgebieten, auf Brücken und an Haltestellen. Dabei gilt zu beachten, dass die Hundeleine nicht länger als zwei Meter sein darf.
Im Grüngürtel und im Stadtwald besteht in weiten Teilen keine Leinenpflicht, sofern der Hund nicht unbeaufsichtigt und in Sichtweite beziehungsweise Rufnähe ist – und nur gesetzt den Fall, dass das Tier reagiert, wenn es von seiner Halterin oder seinem Halter zurückgepfiffen wird, was nicht immer selbstverständlich ist. Besonders eigensinnige oder sture Kläffer sowie diejenigen mit einem ausgeprägten Jagdtrieb sollten also besser an der Leine bleiben, auch aus Rücksicht auf Kleinkinder, Mitmenschen und Wildtiere.
Auf Spielplätzen, Festplätzen, Liegewiesen, im Holzhausen- und im Günthersburgpark sowie auf Friedhöfen sind Hunde verboten, mit Ausnahme von Assistenzhunden. Bei Verstößen gegen diese Regelungen ist mit Bußgeldern bis zu 5000 Euro zu rechnen! Ausführlichere Informationen hierzu lassen sich in der Broschüre „Hundehaltung in Frankfurt“
Auch auf andere Tiere sollte auf Streifzügen mit Hunden Rücksicht genommen werden, beispielsweise in Naturschutzgebieten. Die genauen Regeln stehen auf den jeweiligen Hinweistafeln vor Ort. Allgemein gilt jedoch besondere Rücksichtnahme in den Brut- und Setzzeiten vom 15. März bis zum 15. Juli. Mehr zu diesem Thema findet sich in der Grünanlagensatzung
Wenn Verbot auch mal aufgehoben wird: Die Hundebadetage
In Freibädern sind Hunde ebenfalls nicht gestattet – bis auf einen Termin im Herbst. Denn im Silo-Bad ist einmal jährlich Hundeschwimmen angesagt. Zum Ende der Freibadsaison wird das Becken mit chlorfreiem Wasser aufgefüllt und alle Hunde sind zum Plantschen eingeladen – dieses Jahr vom 3. bis 6. Oktober. Ob Leberwursteis schlecken am Beckenrand oder kontemplativem Schwelgen in Geruchsschwaden nassen Fells – Frankfurts Hundebadetage sind für Hunde ein ganz besonderes Ereignis, vielleicht wie der jährliche Weihnachtsmarkt für Zweibeiner.
Und auch im Frankfurter Winter müssen Vierbeiner nicht zu Stubenhockern werden, wie auch Mopsdame Grete weiß: „Ob auf dem Weihnachtsmarkt mit großen Augen auf ein Stück Wurst wartend oder in winterlicher Atmosphäre den Goethe-Wanderweg entlanglaufend, Frankfurt ist schon längst das ganze Jahr auf den Hund gekommen. Nur eines findet man hier selten: Langeweile!“
Text: Lily Gaines
Fotos Frankfurter Hunde vor dem Stoltze-Brunnen (v.l.): Loki, Lina, Lulu und Moro, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Grete auf dem Römerberg, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Frankfurter Hunde am Mainufer vor der Skyline (v.l.): Loki, Moro, Lulu und Lina, Copyright Stadt Frankfurt am Main, Foto Jan Hassenpflug
Karikatur von Schopenhauer in Frack und mit Schnupftabakfläschchen an der Weste, links neben ihm sein Pudel Butz, circa 1865, ISG FFM Bestand S13Nr.28, Copyright: Institut für Stadtgeschichte
Wildes Wetzen auf der Hundewiese im Grüneburgpark, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines
Christina und Anahita (v.l.) genießen gemeinsam mit den Hunden die Zeit auf der Hundeauslauffläche im Grüneburgpark, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines
Christina mit Timmi und anderen Eichhörnchen-Nachahmern, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Lily Gaines