Ordnungsdezernentin Rinn: „Das Camp konnte nicht verboten werden, aber Antisemitismus und Gewalt tolerieren wir auf keinen Fall“
ffm. Frankfurts Ordnungsdezernentin Annette Rinn ist entsetzt über die
Vorfälle vom Wochenende, die sich im Kontext der angemeldeten
Demonstration mit dem Titel „System Change Camp“ ereignet haben.
„Mit der Ausübung tätlicher Gewalt gegen Personen haben einzelne
Demonstrationsteilnehmer eine rote Linie überschritten. Menschen mit
Farbe zu beschmieren und damit körperlich zu verletzen sowie Plakate zu
vernichten, sind Straftaten, die konsequent verfolgt und geahndet werden
müssen“, so die Stadträtin. Sie macht deutlich: „Antisemitismus
hat in Frankfurt keinen Platz. Das muss zweifelsfrei klar sein und
dafür setze ich mich nachdrücklich ein. Es gibt keine Gründe, die
antisemitisches und menschenverachtendes Verhalten rechtfertigen
könnten. Dem trete ich auch persönlich entschieden entgegen.“
Gleichzeitig weist die Dezernentin aber die Behauptung zurück, das ihr unterstellte Ordnungsamt habe nicht korrekt gehandelt und hätte die Versammlung verbieten können. Vielmehr seien der Behörde die Hände gebunden gewesen, da die Rechtsprechung solche Verbote nur höchst ausnahmsweise und nur dann zulasse, wenn das mildere Mittel, nämlich die Bestimmung von Auflagen, nicht wirksam sei, um einen friedlichen Versammlungsverlauf zu gewährleisten. Zu dieser Einschätzung sei auch das städtische Rechtsamt gelangt, welches im Vorfeld ebenso beteiligt worden sei wie das für den Park zuständige Grünflächenamt. Die Versammlungsbehörde habe das Camp zwar zunächst an einen anderen Ort verlegen wollen, damit hätten sich die Anmelder aber nicht einverstanden erklärt.
Wenn nun auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt aus dem August 2012 verwiesen und behauptet werde, daraus ergäben sich Argumente, die ein Versammlungsverbot gerechtfertigt hätten, so widerspricht Stadträtin Rinn dem. In besagtem Beschluss sei es um die Nutzung der Grünanlage zwischen Europäischer Zentralbank, Willy-Brandt-Platz, Gallusanlage und Kaiserstraße gegangen, auf der die finanzkritische sogenannte Occupy-Bewegung bereits über Monate campiert und sich mit ihren Aktivitäten längst vom Charakter einer Versammlung entfernt hatte. Das Gericht habe seinerzeit bestätigt, dass die Stadt Frankfurt die weitere Nutzung dieser Anlage zum Zwecke einer Mahnwache verbieten durfte. Wer den Beschluss aufmerksam studiere, könne jedoch feststellen, dass das Verwaltungsgericht der Stadt insbesondere deshalb Recht gegeben und die Parknutzung untersagt hatte, weil es insbesondere infrage stellte, ob die Teilnehmenden des Camps nach gut einem Jahr Dauer überhaupt noch einen gemeinsamen, auf Meinungsbildung ausgerichteten Zweck verfolgt hätten oder es „der Mehrheit der das Camp nutzenden Personen ersichtlich um die Befriedigung individueller Bedürfnisse wie Finden einer Schlafstatt und Versorgung mit Nahrungsmitteln etc.“ gegangen sei. Mit anderen Worten: Occupy war längst zu einer abstrusen Zeltsiedlung geworden und hatte mit einer Versammlung nichts mehr zu tun.
Das „System Change Camp“ indes hatte ein detailliert ausgearbeitetes Programm mit Diskussionen und Vorträgen zu zahlreichen Themen rund um Klimaschutz, Gerechtigkeit, Solidarität und Kapitalismuskritik. Schon deswegen seien die Sachverhalte überhaupt nicht vergleichbar. „Das damalige Camp rund um die EZB war ein einziges Chaos, das aktuelle jedoch erkennbar gut organisiert und klar auf Meinungsbildung ausgerichtet“, sagt die Dezernentin. Schon im Beschluss von 2012 habe das Verwaltungsgericht deutlich gemacht, dass den Versammlungsteilnehmenden ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Veranstaltung zustehe, woraus ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit folge. Auch das Aufstellen von Zelten sei deshalb hinzunehmen, wenn es sich „um notwendige Bestandteile der Versammlung handelt, ohne die eine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht möglich ist“, so das Gericht 2012. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben gewesen. Der Grünanlagencharakter widerspreche der Nutzung als Versammlungsort laut dieser Rechtsprechung nur, wenn diese langfristig in Anspruch genommen werden solle. Das „System Change Camp“ sei aber von vorneherein auf zwei Wochen begrenzt gewesen und es habe auch aus anderen Städten, in denen es zuvor stattfand, keine Hinweise darauf gegeben, dass sich die Organisatoren nicht an gegebene Zusagen und Zeiträume halten würden. „Wir gehen daher davon aus und bestehen darauf, dass die Nutzung des Grüneburgparks in den kommenden Tagen vollständig beendet ist. Andernfalls werden wir alles rechtlich Mögliche unternehmen, um die Einhaltung der Regeln zu erzwingen“, erklärt Rinn.
Wichtiger als der Beschluss von vor über zehn Jahren sei überdies die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr über das Pro-Palästina-Camp auf dem Campus der Goethe-Uni. Hier habe die Rechtsprechung unmissverständlich klargestellt, dass selbst die Hausordnung der Universität das Aufstellen von Zelten zu Demonstrationszwecken nicht verbieten dürfe. Auch sei es hinzunehmen, so das Verwaltungsgericht im Jahr 2024, dass die betroffene Grünfläche gerade bei feuchtem Untergrund beansprucht und im Anschluss unter Umständen neu angelegt werden müsse. An dieser Judikatur habe sich die Versammlungsbehörde orientiert und dementsprechend sachgerecht gehandelt, so Rinn. „Aber ich betone nochmals: Wir haben das anhand der Erkenntnisse entschieden, die zum Zeitpunkt der Anmeldung vorlagen, denn als Behörde sind wir zur Rechtsstaatlichkeit verpflichtet. Antisemitismus, Gewalt und Sachbeschädigungen haben wir damit nicht toleriert und tun dies auch künftig nicht“, erklärt die Dezernentin abschließend.
Kontakt für Medien Pressestelle Ordnungsamt, Telefon 069/212-49999,
E-Mail
presse.ordnungsamt@stadt-frankfurt.de
Gleichzeitig weist die Dezernentin aber die Behauptung zurück, das ihr unterstellte Ordnungsamt habe nicht korrekt gehandelt und hätte die Versammlung verbieten können. Vielmehr seien der Behörde die Hände gebunden gewesen, da die Rechtsprechung solche Verbote nur höchst ausnahmsweise und nur dann zulasse, wenn das mildere Mittel, nämlich die Bestimmung von Auflagen, nicht wirksam sei, um einen friedlichen Versammlungsverlauf zu gewährleisten. Zu dieser Einschätzung sei auch das städtische Rechtsamt gelangt, welches im Vorfeld ebenso beteiligt worden sei wie das für den Park zuständige Grünflächenamt. Die Versammlungsbehörde habe das Camp zwar zunächst an einen anderen Ort verlegen wollen, damit hätten sich die Anmelder aber nicht einverstanden erklärt.
Wenn nun auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt aus dem August 2012 verwiesen und behauptet werde, daraus ergäben sich Argumente, die ein Versammlungsverbot gerechtfertigt hätten, so widerspricht Stadträtin Rinn dem. In besagtem Beschluss sei es um die Nutzung der Grünanlage zwischen Europäischer Zentralbank, Willy-Brandt-Platz, Gallusanlage und Kaiserstraße gegangen, auf der die finanzkritische sogenannte Occupy-Bewegung bereits über Monate campiert und sich mit ihren Aktivitäten längst vom Charakter einer Versammlung entfernt hatte. Das Gericht habe seinerzeit bestätigt, dass die Stadt Frankfurt die weitere Nutzung dieser Anlage zum Zwecke einer Mahnwache verbieten durfte. Wer den Beschluss aufmerksam studiere, könne jedoch feststellen, dass das Verwaltungsgericht der Stadt insbesondere deshalb Recht gegeben und die Parknutzung untersagt hatte, weil es insbesondere infrage stellte, ob die Teilnehmenden des Camps nach gut einem Jahr Dauer überhaupt noch einen gemeinsamen, auf Meinungsbildung ausgerichteten Zweck verfolgt hätten oder es „der Mehrheit der das Camp nutzenden Personen ersichtlich um die Befriedigung individueller Bedürfnisse wie Finden einer Schlafstatt und Versorgung mit Nahrungsmitteln etc.“ gegangen sei. Mit anderen Worten: Occupy war längst zu einer abstrusen Zeltsiedlung geworden und hatte mit einer Versammlung nichts mehr zu tun.
Das „System Change Camp“ indes hatte ein detailliert ausgearbeitetes Programm mit Diskussionen und Vorträgen zu zahlreichen Themen rund um Klimaschutz, Gerechtigkeit, Solidarität und Kapitalismuskritik. Schon deswegen seien die Sachverhalte überhaupt nicht vergleichbar. „Das damalige Camp rund um die EZB war ein einziges Chaos, das aktuelle jedoch erkennbar gut organisiert und klar auf Meinungsbildung ausgerichtet“, sagt die Dezernentin. Schon im Beschluss von 2012 habe das Verwaltungsgericht deutlich gemacht, dass den Versammlungsteilnehmenden ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Veranstaltung zustehe, woraus ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit folge. Auch das Aufstellen von Zelten sei deshalb hinzunehmen, wenn es sich „um notwendige Bestandteile der Versammlung handelt, ohne die eine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht möglich ist“, so das Gericht 2012. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben gewesen. Der Grünanlagencharakter widerspreche der Nutzung als Versammlungsort laut dieser Rechtsprechung nur, wenn diese langfristig in Anspruch genommen werden solle. Das „System Change Camp“ sei aber von vorneherein auf zwei Wochen begrenzt gewesen und es habe auch aus anderen Städten, in denen es zuvor stattfand, keine Hinweise darauf gegeben, dass sich die Organisatoren nicht an gegebene Zusagen und Zeiträume halten würden. „Wir gehen daher davon aus und bestehen darauf, dass die Nutzung des Grüneburgparks in den kommenden Tagen vollständig beendet ist. Andernfalls werden wir alles rechtlich Mögliche unternehmen, um die Einhaltung der Regeln zu erzwingen“, erklärt Rinn.
Wichtiger als der Beschluss von vor über zehn Jahren sei überdies die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr über das Pro-Palästina-Camp auf dem Campus der Goethe-Uni. Hier habe die Rechtsprechung unmissverständlich klargestellt, dass selbst die Hausordnung der Universität das Aufstellen von Zelten zu Demonstrationszwecken nicht verbieten dürfe. Auch sei es hinzunehmen, so das Verwaltungsgericht im Jahr 2024, dass die betroffene Grünfläche gerade bei feuchtem Untergrund beansprucht und im Anschluss unter Umständen neu angelegt werden müsse. An dieser Judikatur habe sich die Versammlungsbehörde orientiert und dementsprechend sachgerecht gehandelt, so Rinn. „Aber ich betone nochmals: Wir haben das anhand der Erkenntnisse entschieden, die zum Zeitpunkt der Anmeldung vorlagen, denn als Behörde sind wir zur Rechtsstaatlichkeit verpflichtet. Antisemitismus, Gewalt und Sachbeschädigungen haben wir damit nicht toleriert und tun dies auch künftig nicht“, erklärt die Dezernentin abschließend.
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