Trauer um Ruth Weiss
Die Stadt Aschaffenburg, die Schulgemeinschaft der Ruth-Weiss-Realschule und die Ruth-Weiss-Gesellschaft trauern um Ruth Weiss. Die Journalistin und Autorin starb am 5. September im Alter von 101 Jahren.
Ruth Weiss wurde 1924 in Fürth geboren, verbrachte als Kind aber viel Zeit bei ihren Verwandten in Aschaffenburg. Als Jüdin musste sie 1936 nach Südafrika emigrieren, wo sie zu einer bedeutenden Journalistin und Autorin wurde. Unermüdlich setzte sie sich gegen das Apartheidsregime ein und begegnete dabei Persönlichkeiten wie Nelson Mandela. Diese Erfahrungen formten ihre tiefe Abneigung gegen jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung. Seit 1960 schrieb sie unermüdlich gegen Rassismus, gegen die Unterdrückung von Minderheiten und für die Rechte von Frauen.
Trotz ihrer Flucht blieb sie ihrer alten Heimat verbunden und kehrte immer wieder nach Deutschland zurück.
1999 besuchte sie erstmals die damalige Mädchenrealschule Aschaffenburg. Von da an kam sie regelmäßig, erzählte von ihrem Leben und sprach mit den Jugendlichen über Mut, Gerechtigkeit und Toleranz. Mit ihrer warmherzigen Art fand sie sofort Zugang zu den Schülerinnen und Schülern und wurde von ihnen trotz des Altersunterschieds ganz selbstverständlich als Vorbild akzeptiert. In ihrer bescheidenen und unaufdringlichen Art brachte sie nicht nur jungen Menschen die fürchterlichen Folgen von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Rassismus nahe.
2010 erhielt die Mädchenrealschule in einer großen Feierstunde ihren Namen, verbunden mit dem Auftrag, ihre Botschaft von Menschlichkeit und Versöhnung weiterzutragen.
Um das Werk von Ruth Weiss und die Werte, für die es steht, angemessen pflegen zu können, hat sich aus ihrem Freundeskreis 2019 die Ruth-Weiss-Gesellschaft gegründet.
2024 besuchte Ruth Weiss Aschaffenburg zum letzten Mal. Zu ihrem 100. Geburtstag hatten die Stadt und die Schule zu einem feierlichen Empfang im Bachsaal und zu einem Schulfest eingeladen.
Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Rassismus und Apartheid ist Ruth Weiss vielfach ausgezeichnet worden, darunter 2023 mit dem südafrikanischen Nationalorden „Companion of O. R. Tambo“. Schon 2014 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. 2024 bekam sie das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
„Ruth Weiss' Leben und Werk sind ein beeindruckendes Beispiel für Mut, Entschlossenheit und den unermüdlichen Einsatz für Gerechtigkeit“, so Oberbürgermeister Jürgen Herzing. „Ihre Arbeit erinnert uns daran, dass jeder von uns eine Rolle dabei spielen kann, die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Ihre Worte und Taten werden weiterhin in den Herzen und Köpfen der Menschen auf der ganzen Welt nachhallen.“
„Mit Ruth Weiss verlieren wir eine außergewöhnliche Frau, deren Vorbild und Botschaft uns verpflichten. Wir werden sie nicht vergessen und ihr Andenken in Ehren halten – für unsere Schulgemeinschaft und für kommende Generationen“, sagte Sandra Finnegan, Leiterin der Ruth-Weiss-Realschule.
Anni Kropf von der Ruth-Weiss-Gesellschaft: „Wir versprechen, dass wir auf dem Hintergrund der Erfahrungen, die Ruth uns über Jahrzehnte vermittelt hat, weiter dafür wirken werden, dass Religion oder Hautfarbe keine Wertigkeit zwischen den Menschen bekommt.“